Spekulationssteuer bei Immobilien: Die wichtigsten Fragen & Antworten
Dezember 2022 | JRH
Spekulationssteuer bei Immobilien: Die wichtigsten Fragen & Antworten
Als erfahrener Immobiliensteuerberater wurde Herr Herrmann eingeladen, FOCUS Business bei der Erstellung eines Artikels über die Spekulationssteuer bei Immobilien fachmännisch zu beraten.
In diesem Beitrag möchten wir auf die wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem Thema eingehen. Außerdem können Sie sich auch den finalen Artikel bei Focus Business dazu durchlesen.
Wichtige Fragen zur Spekulationssteuer beantwortet von Steuerberater Jürgen R. Herrmann
1. Wie ist die Spekulationssteuer für Immobilien definiert und wen betrifft sie?
Unter dem Begriff Spekulationssteuer fallen sogenannte private Veräußerungsgeschäfte, welche steuerpflichtig sind und zwar im Rahmen der Einkommensteuer. In erster Linie handelt es sich um Gewinne, die bei der Veräußerung von Immobilien erzielt werden. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 23 Absatz I Nr. 1 EStG.
Private Veräußerungsgeschäfte sind bei Immobilien steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt und die Immobilie nicht zu einem Betriebsvermögen gehört.
Wichtig: Bezüglich der Berechnung der Frist ist auf den Beurkundungstermin abzustellen!
2. Gilt sie gleichermaßen für Wohnimmobilien wie Häuser und Wohnungen sowie auch für Grundstücke?
Ja, grundsätzlich für alle Grundstücke und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts unterliegen.
3. Wie kann mit einer Eigennutzung Spekulationssteuer ganz oder teilweise vermieden werden?
- Verkaufen Sie Ihre Wohnung nach 10 Jahren fällt keine Spekulationssteuer an, unabhängig von der Eigennutzung oder Vermietung.
- Steuerfrei ist der Verkauf bei Eigennutzung. Aber nur dann, wenn Sie die Immobilie im Verkaufsjahr und den zwei vorherigen Kalenderjahren selbst und zwar zu Wohnzwecken genutzt haben.
- Außerdem liegt eine Eigennutzung auch dann vor, wenn statt dem Eigentümer ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind nach § 32 EStG die Wohnung bewohnt
- Nutzen Sie die zu verkaufende Immobilie als einen Zweitwohnsitz oder als eine Ferienwohnung, so gilt dies auch als Eigennutzung. Der Gesetzgeber sieht in einem Wohnzweck nicht nur den Hauptwohnsitz eines Steuerzahlers (23 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
- Bei fehlender Eigennutzung kann zur Reduzierung der Spekulationssteuer überlegt werden, die Immobilie auf die Kinder zu übertragen. Dadurch wird die Spekulationssteuer zwar nicht vermieden. Aber soweit die Kinder noch nicht über eigenes Einkommen verfügen, kann dadurch ein wesentlich geringerer Steuersatz Anwendung finden. Letztendlich kann das aber nur unter Hinzuziehung eines Steuerberaters im Einzelfall beurteilt werden. Auch eine eventuelle Schenkungssteuerpflicht wäre ebenfalls zu prüfen. Außerdem wird das Ganze bei Minderjährigen dadurch erschwert, dass ein Ergänzungspfleger zum Abschluss der Verträge gebraucht wird. Aber für Kinder über 18, die beispielsweise noch studieren, wäre über diese Gestaltung ein hoher Steuervorteil möglich.
- Spekulationssteuer Vorvertrag (ausführliche Infos dazu direkt im folgenden Teil)
Des Öfteren wird nachgefragt, ob man mit einem Vorvertrag die Spekulationssteuer umgehen kann
Ein Vorvertrag wird notariell beurkundet. Er wird zwischen Käufer und Verkäufer, bereits vor dem Kauf des Hauses, aufgesetzt. Mit dieser Unterlage verpflichtet sich der vorerst potentielle Käufer zu einem zukünftigen Immobilienkauf.
In diesem Vorvertrag ist festgehalten, dass der Käufer die Immobilie zu einem Zeitpunkt kauft, der außerhalb dieser Spekulationsfrist liegt. Diese Gestaltung ist nicht im Interesse der Beteiligten. Der potentielle Käufer müsste einen festen Kaufpreis angeben. Der Verkäufer wäre in keiner Weise gebunden und könnte einen höheren Preis verlangen oder an einen Dritten verkaufen.
Da keine Verpflichtung des Verkäufers gegeben ist, wäre aber nicht von einem Veräußerungsgeschäft innerhalb der 10 Jahresfrist auszugehen. Dieses Vorgehen ist daher in der Praxis selten anzutreffen. Der Käufer möchte die Immobilie sicher erwerben.
Der umgekehrte Fall wird häufiger in der Praxis versucht: Der Verkäufer macht innerhalb der Behaltefrist ein bindendes Angebot, in dem neben dem Preis usw. bestimmt ist, dass dieses Angebot nach Ablauf der 10 Jahresfrist angenommen werden könne.
Die Nutzung oder sonstige Rechte aus dem Grundstück sollen aber erst nach Ablauf der Frist übergehen. Hier wäre entsprechend dem BFH Urteil vom 10.01.1987, BFH NV 1987,428 von einer Veräußerung außerhalb der 10 Jahres Frist auszugehen und die Steuerfreiheit erreicht.
Aber man begibt sich auf gefährliches Eis. Zusatzvereinbarungen (Eintragung einer Vormerkung, Mietvertrag usw.) sind schädlich, weil hier von wirtschaftlichem Eigentum des Käufers ausgegangen wird. Die Gestaltung kippt, steuerlicher Rat ist einzuholen.
Je nach Ausgestaltung des Mietkaufvertrags sparen Sie hier Steuern. Allerdings sollte beim Vorgehen rechtliche Hilfe eingeholt werden. Es muss ein spezieller Vertrag aufgesetzt werden.
Dabei darf die Marktmiete nicht überschritten werden. Schädlich sind auch Sonderzahlungen oder Anzahlung auf den späteren Kaufpreis sowie die Übernahme von größeren Instandhaltungen.
(Der Teufel steckt im Detail).
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4. Wie muss man eine Eigennutzung z.B. bei mehreren Wohnsitzen nachweisen?
Am besten wäre natürlich die polizeiliche Meldung. Es reicht jedoch aus, Zeugen zu haben, die die Eigennutzung vor dem Finanzamt belegen können.
Oft werden Stromrechnungen verlangt!
5. Wird die Spekulationssteuer auch bei einem Verkauf unter Familienangehörigen fällig?
Soweit ein Verkauf vorliegt, also ein entgeltlicher Vorgang und keine Schenkung, fällt in diesem Fall ebenfalls Spekulationssteuer an.
6. Greift die Spekulationssteuer auch bei einem Mietkauf?
Auch hier ist Vorsicht geboten. Schaffen die Beteiligten innerhalb der Spekulationsfrist Verhältnisse die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen und sich aus den Umständen ergibt, dass es tatsächlich zur Übertragung des Eigentums kommen wird, wird die Finanzverwaltung das Abschlussdatum des Mietvertrags als Veräußerungszeitpunkt annehmen, wenn dann tatsächlich eine dingliche Übertragung vollzogen wird.
Spekulationssteuer umgehen Mietkaufvertrag
Haben Sie Ihre Immobilie nicht selbst genutzt oder dauert es noch lange, bis die Spekulationsfrist abgelaufen ist, dann ist das Aufsetzen eines Mietkaufvertrags für Sie sinnvoll.
Schließen Sie einen Mietkaufvertrag richtig, dann sparen Sie auch hier Steuern. Das Prinzip dabei ist ziemlich simpel. Allerdings sollte beim Vorgehen rechtliche Hilfe eingeholt werden. Es muss ein spezieller Vertrag aufgesetzt werden.
7. Wie wird die Höhe der Spekulationssteuer berechnet und welche Kosten lassen sich ggfs. davon abziehen
Die Berechnung der Spekulationssteuer erfolgt auf folgendem Weg:
Der Verkaufspreis abzüglich:
- Anschaffungskosten (Kaufpreis + Grunderwerbsteuer + Notarkosten Kaufvertrag etc.) bzw. Herstellungskosten
- Instandhaltungskosten bei Fix & Flip Geschäften
- Veräußerungskosten (Maklerkosten, Kosten für Inserate, Notargebühren, Grundbuchgebühren etc.)
- bisher in Anspruch genommene Abschreibung (AfA und Sonder- Afa)
= Spekulationsgewinn/verlust
Die zu zahlende Spekulationssteuer ergibt sich aus der Multiplikation dieses Betrages mit dem persönlichen Steuersatz, ggf. unter Berücksichtigung der Kirchensteuer.
8. Wie nutzt man ein Fix&Flip-Geschäft, um Spekulationssteuer zu sparen?
Fix und Flip steht für Kaufen – renovieren – schnell verkaufen. In erster Linie geht es hier darum, schnell Gewinne zu realisieren, weniger um Steuern zu sparen.
Eine Möglichkeit, Spekulationssteuer zu sparen, wäre hier von der Ausnahmeregelung Eigennutzung Gebrauch zu machen.
Aber spätestens bei der 2. oder 3. Wiederholung wird das Ganze streitanfällig. Es könnte eine Diskussion mit dem Finanzamt über einen gewerblichen Grundstückshandel im Haus stehen. Die sogenannte 3-Objekt-Grenze spielt hier keine Rolle!
9. Gibt es noch eine Spekulationsfrist für Immobilien über 2 Jahre?
Nein, das war die alte Rechtslage.
10. Welchen Rat geben Sie Interessenten noch, um die Spekulationssteuer zu vermeiden?
Das hängt vom Einzelfall ab. Neben Steuern gibt es auch andere Einflüsse und Lebensumstände zu beachten: z.B. Inflation vs. Immobilienblase und wie heißt es bei den Immobilien immer wieder Lage, Lage und nochmal Lage.
Ein allgemeingültiger Rat kann an dieser Stelle nicht gegeben werden, allein auf die Steuer abzustellen ist zu wenig.
Vielleicht hilft das Zitat des Dichters Novalis:
Man sollte seine Steuern dem Staat zahlen, wie man seiner Geliebten einen Blumenstrauß schenkt.