Beitragsbild gesetzliche Erbfolge ohne Testament

Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament – wer erbt wie viel?

Juni 2022 | JRH

Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament – wer erbt wie viel?

Hinterlassen Verstorbene kein Testament und keinen Erbvertrag, so regelt die gesetzliche Erbfolge, wer welchen Anteil des Erbes erhält. Die Vorschriften zur Verteilung des Nachlasses sind in den Paragrafen 1924 bis 1936 des Bürgerlichen Gesetzbuches festgehalten.

Demnach folgt die gesetzliche Erbfolge ohne Testament einem Ordnungssystem, das auf dem Verwandtschaftsgrad basiert: Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto höher ist der Ordnungsrang.

Zugleich sind Angehörige einer nachfolgenden Ordnungsstufe von der Erbschaft ausgeschlossen, sofern es lebende Verwandte einer höheren Stufe gibt.

Die Grafik zur gesetzlichen Erbfolge ohne Testament zeigt als Schaubild auf einen Blick, wer zu welcher Ordnungsstufe zählt.

Erben erster Ordnung sind die direkten Nachkommen wie Töchter, Söhne und Enkel. Auch Ehepartner werden in der ersten Ordnungsstufe berücksichtigt.

Zur zweiten Ordnungsstufe gehören die Eltern, Geschwister sowie Nichten und Neffen. Großeltern, Tanten und Onkel finden sich in der dritten Ordnungsstufe der gesetzlichen Erbfolge.

Warum nicht zu Lebzeiten schenken?

Erbfolge: Wer kommt an welcher Stelle?

Was, wenn sich innerhalb einer Ordnungsstufe mehrere mögliche Erben befinden? Dann greift das Repräsentationsprinzip. Es regelt, dass

  • innerhalb der ersten Ordnung Kinder vor den Enkeln erbberechtigt sind
  • innerhalb der zweiten Ordnung Eltern vor Geschwistern und diese wiederum vor Nichten und Neffen erben
  • innerhalb der dritten Ordnung Großeltern vor Tanten und Onkeln an der Reihe sind

In anderen Worten: Es ist stets derjenige der Repräsentant, der mit dem Erblasser näher verwandt ist.

Gesetzliche Erbfolge: Erben erster Ordnung

Zu den Erben erster Ordnung zählen die Kinder, auch Adoptivkinder sowie uneheliche Kinder (mit Geburtsdatum nach dem 1. Juli 1949) sowie Enkelkinder. In diesem Rang gilt das Stammesprinzip: Jeder direkte Abkömmling des Erblassers eröffnet einen eigenen, gleichberechtigten Stamm.

Gemäß dem Repräsentationsprinzip erben Enkelkinder allerdings nur dann, wenn ihr erbberechtigtes Elternteil bereits verstorben ist (Sohn oder Tochter des Erblassers). Demzufolge erben Enkel generell nichts, solange ihr erbberechtigtes Elternteil noch lebt. Ist es verstorben, wird sein Anteil unter den eigenen Kindern aufgeteilt.

Neben den Kindern zählen Ehepartner sowie eingetragene Lebenspartner zu den Erben erster Ordnung, obwohl kein Verwandtschaftsgrad besteht.

 

Welchen Anteil erben Ehepartner laut gesetzlicher Erbfolge ohne Testament?

Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament sieht Ehepartner und eingetragene Lebenspartner in einer Sonderrolle, die im Ehegattenerbrecht näher geregelt ist. Das Wesentliche:

1. Ehepartner lebten in Gütertrennung:

Der überlebende Ehepartner erbt je nach Anzahl der (noch lebenden) Kinder rund 30 % des Nachlasses (zwei Kinder) oder 25 % (mehr als zwei Kinder). Sind keine Kinder mehr am Leben, jedoch die Eltern des Erblassers, so erhält der hinterbliebene Ehepartner die Hälfte des Nachlasses.

2. Ehepartner lebten in Gütergemeinschaft:

Hier stehen den Ehepartnern zu Lebzeiten jeweils die Hälfte des Vermögens zu. Dieser Anteil erhöht sich nach dem Tod eines Ehegatten um 12,5 % für den hinterbliebenen Partner. Der Rest wird unter den Kindern oder, falls keine vorhanden sind, unter den Eltern des Erblassers aufgeteilt.

3. Ehepartner lebten in Zugewinngemeinschaft:

Das ist immer dann der Fall, wenn kein Ehevertrag besteht. Nach dem Tod des Ehepartners hat der zurückbleibende Partner die Möglichkeit, sich zwischen erbrechtlicher und güterrechtlicher Regelung zu entscheiden. Sind Kinder vorhanden, so erbt der verbliebene Partner nach der erbrechtlichen Regelung die Hälfte des Nachlasses.

Gibt es dagegen nur noch Eltern (2. Ordnung) oder Großeltern (3. Ordnung), so stehen dem Ehepartner drei Viertel des Nachlasses zu. Vertreter noch niedrigerer Ordnungsränge berücksichtigt die gesetzliche Erbfolge ohne Testament dagegen nicht – in solchen Fällen wird der Hinterbliebene zum Alleinerben.

Wir beraten Sie hierzu gerne

Erben zweiter Ordnung

Die gesetzliche Erbfolge sieht in der zweiten Ordnung die Vererbung des Nachlasses nach Linie vor. Der zweite Ordnungsrang kommt zur Anwendung, wenn der Erblasser weder lebende Kinder noch Enkelkinder hinterlässt. Jetzt (und erst jetzt) werden die Eltern des Verstorbenen zu Erben, und zwar je Elternteil zur Hälfte. Hierbei wird berücksichtigt, ob der Ehepartner des Verstorbenen noch lebt. Falls ja, wird nur jener Anteil zwischen den Eltern hälftig geteilt, der nach Abzug des Anspruchs des hinterbliebenen Ehepartners verbleibt.

Ist eines der Elternteile nicht mehr am Leben, so nehmen dessen Kinder (die Geschwister oder auch Halbgeschwister des Erblassers) seinen Platz ein. Sind auch die jeweiligen Geschwister bereits verstorben, so rücken deren Kinder (also die Nichten und Neffen des Erblassers) an ihre Stelle.

Erben dritter Ordnung

Sind nach dem Tod des Erblassers weder Kinder, Enkel, Eltern oder Geschwister (inklusive deren Nachkommen) vorhanden, so kommen Erben der dritten Ordnung zum Zug. Das sind in erster Linie die Großeltern des Erblassers, danach seine Tanten und Onkel und in einem weiteren Schritt deren Nachkommen (Cousinen und Cousins des Erblassers).

Nachteile der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament

Wer kein Testament verfasst und die Erbfolge den gesetzlichen Vorschriften überlässt, vergibt jeglichen Handlungsspielraum bei der Auswahl seiner Erben. So kann es vorkommen, dass das Vermögen eines kinderlosen Ehepaares zu einem beträchtlichen Teil an die fernere Verwandtschaft des Erblassers geht – Personen der zweiten oder dritten Ordnung, die persönlich womöglich nicht einmal bekannt sind.

Handelt es sich beim Nachlass um Immobilien oder Unternehmen, können sich beim Erben ohne Testament problematische Erbengemeinschaften bilden. Das führt nicht selten zu hartnäckigen Streitigkeiten oder gar zur Zerschlagung des Vermögens.

Doch schon ohne derart gravierende Folgen ist es ratsam, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass der eigene Nachlass auch im eigenen Sinne vererbt wird.

 

Wann erbt der Staat?

Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament sieht nach der dritten Rangfolge noch weitere Stufen vor; im Prinzip so viele, bis keine lebenden Verwandten mehr auszumachen sind. Erst dann tritt der Staat den Nachlass an. Für Schulden haftet er jedoch nur im Umfang des Vermögens und nicht darüber hinaus.

 

Was passiert, wenn jemand das Erbe ausschlägt?

Zu einer Erbschaft gehören neben den Vermögenswerten auch die Schulden des Erblassers. Wer nicht sicher ist, ob sich die Erbschaft womöglich als böse Überraschung entpuppt, hat sechs Wochen Zeit, um sich über die Sachlage kundig zu machen.

Kommt er zu dem Schluss, dass er sich mit der Erbschaft Nachteile einhandeln würde, kann er das Erbe ausschlagen. Dann rückt die Person nach, die laut gesetzlicher Erbfolge als nächstes zur Erbschaft berechtigt ist.
Wichtig: Das Erbe muss aktiv ausgeschlagen werden, ansonsten gilt es nach sechs Wochen als angenommen.

Wir klären Sie auf

Gesetzliche Erbfolge ohne Testament – das Wichtigste im Überblick:

  • Die gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn der Erblasser kein Testament verfasst hat.
  • Vorrang beim Erben haben stets die engeren Verwandten.
  • Sind Verwandte der vorhergehenden Ordnung vorhanden, kommen Verwandte aller nachrangigen Ordnungen nicht zum Zuge.
  • Erben erster Ordnung sind die direkten Abkömmlinge. Jedes Kind samt eigener Nachkommen bildet einen Stamm.
  • Innerhalb der zweiten Ordnung gelten Linien. Beteiligt sind die Eltern des Erblassers sowie dessen Geschwister und deren Nachkommen.
  • Zu den Erben dritter Ordnung zählen die Großeltern, Tanten und Onkel des Erblassers.
  • Ehepartner erben nach dem Ehegattenerbrecht; eine wichtige Rolle spielt der Güterstand.
  • Geschiedene Ehepartner sind nicht erbberechtigt.

Steuerliche Fragen zur gesetzlichen Erbfolge

Was ist nun besser – die gesetzliche Erbfolge ohne Testament oder die konkrete Formulierung des letzten Willens? Das lässt sich nicht pauschal sagen, jedoch im Einzelfall gut beurteilen. Oft ist künftigen Erblassern nicht bekannt, dass ein Testament erheblichen Gestaltungsspielraum bietet, insbesondere in steuerlicher Hinsicht.

Auch eine Vermögensübertragung zu Lebzeiten bzw. eine Schenkung kann sich für alle Beteiligten günstig auswirken. Dazu kommen die zahlreichen kniffligen Details, wenn es ans Erstellen der Erbschaftssteuererklärung geht.

Wer kein Geld an den Fiskus verschenken möchte, dem ist die professionelle Steuerberatung zu Erbschaft und Schenkung dringend anzuraten.

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